Anmerkungen zum Selbstbestimmungsgesetz

Die folgende Stellungnahme zur geplanten Gesetzgebung zur Selbstidentifikation soll als Debattenbeitrag im Rahmen der parlamentarischen  Beratung für die Mitglieder der GRÜNEN Bundestagsfraktion verstanden werden.

Wir GRÜNEN wollen, eine liberale, offene Gesellschaft, die transidenten Menschen ein diskriminierungsfreies Leben ermöglicht, gleichzeitig das Leben der nicht-transsexuellen Mehrheit der Bevölkerung aber nicht negativ beeinflusst oder gar einschränkt, denn das Selbstbestimmungsgesetz hat nicht nur Auswirkungen auf erwachsene transidente Menschen, sondern auf alle anderen Bevölkerungsgruppen.

Wir sind uns der grüninternen Diskussion seit Oktober 2022 bewußt, finden jedoch, dass unsere Überlegungen keine Berücksichtigung gefunden haben, weshalb wir Euch diese in der gebotenen Kürze mitteilen möchten und um Berücksichtigung in den internen und parlamentarischen Beratungen bitten.

1.Erhöhung der Altersgrenze auf 18 Jahre für den Sprechakt und die entsprechende Personenstandsänderung.

2.Erfordernis von zwei psychiatrischen Gutachten spätestens vor Zulassung zu geschlechtsangleichenden Operationen wenn nicht sogar vor Änderung des Personenstandes.

3. Keine jährliche Änderung der Identität. Änderungswunsch des Personenstandes erst nach Ablauf von 5 Jahren und nur einmalig.

4. Erhalt des biologischen Geschlechtseintrags (Mann/Frau/Divers) neben der Kategorie Identität.

Die Kategorie des biologischen Geschlechts muss erhalten bleiben und sollte im Grundgesetz keinesfalls durch die rein subjektive Kategorie der Geschlechtsidentität ersetzt werden, da die Anerkennung des biologischen Geschlechts die Voraussetzung ist für die Wahrnehmung geschlechtsbasierter Rechte von Männern und Frauen. Nur das biologische Geschlecht ist der Referenzrahmen für den Grundgesetzartikel 3 Absatz 2 des Grundgesetzes: Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Wenn Frauen und Männer nach Einführung des geplanten Selbstbestimmungsgesetzes keine statistische Größe mehr sind, können weder Frauen noch Männer ihre geschlechtsbasierte Ungleichbehandlung nachweisen.

5. Keine Hormonblocker für Kinder und Jugendliche ohne nachgewiesene Diagnose (Transidentität) und entsprechende medizinische und psychologische Begleitung nach aktuellen wissenschaftlichen Leitlinien.

Eingriffe in die natürliche Entwicklung von Kindern, mit Pubertätsblockern, notfalls auch ohne Einwilligung der Eltern, werden irreversible Schäden verursachen[1] Neben- und Langzeitwirkungen dieser Hormone sind längst nicht ausreichend erforscht und umfassendes Wissen darüber noch lückenhaft.

Laut Jakob Maske, Kinderarzt und Sprecher des Berufsverbandes der Kinder- und Jugendärzte sagt dazu: Pubertätsblocker sind sehr starke Mittel, die sich nicht nur auf die sekundären Geschlechtsmerkmale auswirken, sondern das gesamte Wachstum beeinträchtigen können. Diese Medikamente können Folgen für das Blutbild, das Herz-Kreislauf-System und auf die Knochengesundheit haben.[2]

6. Geschlechtsangleichende Operationen nicht vor Vollendung der Adoleszenz bzw. Hirnreife.

Ab dem 18. Lebensjahr, also deutlich vor Vollendung der (späten) Adoleszenz im Alter von 21 Jahren, dürfen Brüste, Eierstöcke, Penisse entfernt werden.

Menschen, die diese geschlechtsangleichenden Operationen in diesem frühen Alter durchführen lassen und ggf. später bereuen, können nie wieder Kinder gebären oder zeugen.

Aus diesem Grund sollte aus unserer Sicht die Altersregelung des Waffengesetzes als Referenzrahmen herangezogen werden, da wir der Entscheidung für einen irreversiblen Eingriff in den eigenen gesunden Körper eine ähnliche Relevanz zuschreiben, wie der Entscheidung, eine Waffe zu besitzen und zu führen.

7. Vollumfänglicher Erhalt des elterlichen Sorgerechts bei Minderjährigen auch bei Nicht-Validierung des Transitionswunsches des eigenen minderjährigen Kindes.

8. Erhalt von Schutzräumen für biologische Frauen und Mädchen in

•Strafvollzug

•Frauenhäusern

•Krankenzimmern

•Alten- und Pflegeeinrichtungen/Zimmer

•Schwimmbädern/Saunen etc.

So warnt René Müller, Vorsitzender des Bundes der Strafvollzugsbediensteten beispielsweise vor der Gefahr des Missbrauchs des Gesetzes in Gefängnissen. Biologisch männliche Sexualstraftäter könnten sich durch eine einfache Erklärung als Frau definieren und so durchsetzen, bei den weiblichen Insassen untergebracht zu werden. Ein Blick nach Großbritannien und in die USA sollte uns eine Warnung sein. Vielfach haben sich dort Täter zu Frauen erklärt und im Frauentrakt weitere Übergriffe begangen – so Müller. Aber auch biologisch weibliche Transmänner müssen geschützt werden, da diese bei den Männern untergebracht wären. So viel Personal gibt es laut Müller gar nicht, dass alle Übergriffe gesehen und verhindert werden könnten.[3]

Die gerade vollzogene Kehrtwende in England, durch die die Unterbringung transidenter Männer aufgrund der Erfahrungen von Vergewaltigungen und sonstiger Übergriffe auf Frauen nicht mehr im Frauentrakt stattfinden darf, sollte uns hier Richtschnur sein.[4]

9. Neubewertung geschlechtsbasierter Vorteile bzw. Nachteile im Sport

Prof. Dr. Susanne Lin-Klitzing, Vorsitzende des Deutschen Philologenverbandes (Interessenvertretung der Gymnasiallehrer fragt sich: Wie sollen Lehrkräfte bei der Notenvergabe im Sport agieren, wenn ein Abiturient in der Qualifikationsphase sein juristisches Geschlecht verändert? Weil Jungen und Mädchen im Sport für die gleiche Leistung unterschiedliche Punktzahlen bekommen, hätte ein Geschlechtswechsel Folgen für die Notenvergabe. Aber nicht nur beim Sportabitur stellt sich die Frage nach Vergleichbarkeit und Gerechtigkeit. Sondern überall dort, wo körperliche Gegebenheiten ein Kriterium sind: Aufnahmeprüfungen bei Polizei und Bundeswehr und im Spitzensport. [5]

10. Rechtsfolgenabschätzung für

•  Sozialkassen, GKV

•  Kostenentwicklung, OPs, Psychotherapien, Kuren, etc.

Spätestens ab dem 18. Lebensjahr kann jede Person, die sich per Sprechakt beim Standesamt zur Frau oder zum Mann erklärt, ohne fundierte medizinische Notwendigkeit und gutachterliche Nachweise, eine geschlechtsangleichende Operation erwirken und durchführen lassen.

Allein in der Gruppe von Kinder und Jugendlichen verzeichnen wir von 2013 bis 2018 einen Zuwachs von sich als „trans“-Identifizierenden um 500% [6]

Bisher gibt es keine solide Abschätzung darüber, welche zusätzlichen Kosten durch die zugesicherter vollständige Kostenübernahme sämtlicher Eingriffe zukünftig auf die GKV zukommen könnten. Werden hierbei ggf. auch Detransitionen (operative Rückführung in das ursprüngliche Geschlecht) berücksichtigt? Wie lange und in welchem Umgang werden Psychotherapien und Hormongaben, die wahrscheinlich lebenslang erforderlich sein werden in dieser Rechnung berücksichtigt? Es ist also noch nicht absehbar, welche zusätzlichen Herausforderungen damit auf unser Gesundheitssystem zukommen und wie sich Kosten und Krankenkassenbeiträge entwickeln werden.

28.08.2023


[1]  https://segm.org/England-ends-gender-affirming-care#:~:text=The%20NHS%20has%20eliminated%20the,care%20in%20children’s%20hospital%20settings

https://www.imabe.org/bioethikaktuell/einzelansicht/transgender-schweden-stoppt-pubertaetsblocker-bei-minderjaehrigen

[2]  https://www.zeit.de/news/2022-11/15/pubertaetsblocker-selten-verschrieben-haeufig-diskutiert?utm_referrer=https%3A%2F%2Fwww.google.com%2F

[3] https://www.bsbd.de/ueber-uns/bundesleitung?type=%28SELECT%20%28CASE%20WHEN%20%281269%3D8158%29%20THEN%206193%20ELSE%20%28SELECT%208158%20UNION%20SELECT%208917%29%20END%29

https://www.emma.de/artikel/das-geht-so-gar-nicht-339831

[4] https://www.schwulissimo.de/neuigkeiten/neue-richtlinien-im-gefaengnis-grossbritannien-aendert-verfahren-bei-trans-gefangenen

[5] https://www.uni-marburg.de/de/fb21/schulpaedagogik/arbeitsgruppen/ag-slk/team/prof-dr-susanne-lin-klitzing; https://geschlecht-zaehlt.de/informationen/pressespiegel/

[6] https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/99311/Zahl-transsexueller-Kinder-gestiegen

Artikel kommentieren